Unser nächstes Ziel ist Brügge. Am 27. September, nach einer Woche Gent, fahren wir weiter.
Die Brücke Woudelgeembrug konnte nicht geöffnet werden, die Signalanlage war defekt. Die Zweite, eine Eisenbahnbrücke, wartete auf einen verspäteten Zug, bitte warten....... bitte warten....... bitte warten. Eisenbahnverkehr geht eben vor und Rentner haben Zeit. Aber das stimmt nicht, sie haben nur einen gelasseneren Umgang mit der Dingwelt - Ha-Ha,
Ein kleiner Hafen direkt am Kanal - WSV Beernemse - bietet uns auf der Fahrt nach Brügge Platz für eine Nacht. Mitten im Grünen gelegen ist es trotz durchfahrender Schiffe schön hier. Im Detail ist der Hafen samt Hafenrestaurant mit viel Aufmerksamkeit angelegt worden. Am nächsten Morgen wird uns mal wieder, geradeso, bewusst, wie schön es ist, auf der Papagena unterwegs zu sein.
Schon um 12.00 Uhr fahren wir in der Stadthafen Coupure von Brügge. Er ist schlauchförmig angelegt, bitte rückwärts einlaufen. Rechts und links Altstadt, und rein kommt man nur durch eine Fußgängerbrücke, die sich auf Knopfdruck des Hafenmeisters hebt oder senkt. Einen Winter in Brügge zu liegen bedarf wenigstens 2 Jahre Wartezeit oder eine gehörige Portion Glück.
Es gibt Städte, die uns unter die Haut gehen, dazu gehört Tallinn und Gent. Und jetzt Brügge, ein Schmuckstück unter den mittelalterlichen Städten Belgiens, so steht es in den Reiseführern, das erzählt uns jeder, der Brügge besucht hat.
Vielleicht ist es eine fatale Kette von Geschehnissen, die es uns nicht ermöglicht haben, in der Reihe der Menschen zu stehen, die sich für Brügge komplett begeistern.
Vielleicht war es Gent mit seiner sprudelnden Lebendigkeit, auch ausgelöst durch die Vielfalt der Akademien und Hochschulen und deren Studentenschaft, die fröhlich, unbeschwert und ausgelassen den Charme der Stadt vermitteln, die uns durchdrungen hat.
Vielleicht war es der nicht so plakative und dominante Kommerz der Stadt Gent. Und sicher war es das museale Angebot der Stadt Gent, das wir in Brügge vermisst haben.
Vielleicht ist es die Dominanz der Touristenströme, die durchgeschleust werden, auf deren Kosten Brügge einen Teil seiner Individualität verloren hat.
Vielleicht hat der Markt mit dem Belfried durch die geschlossene, einheitliche und unschöne Front an Sonnenrollos seine Attraktivität verloren. Money, Money, Money - ein Espresso kostet hier 4,50 - 5,- Euro.
Die vielen kleinen Gässchen mit seinen typischen Plätzen und einladenden Restaurant bieten reichlich Ausgleich für den, wie wir empfinden, überzeichneten Kommerz auf dem Markt.
Das "Archeologiemuseum" war eine Enttäuschung, hält nicht, was es im Textfeld verspricht, ist dringend überarbeitungsbedürftig und müsste in der Zeit geschlossen werden.
Ganz sicher war es die Feststellung, warum wir Brügge distanziert wahrgenommen haben, das der "Erste Platz" der 10 mit Sternen ausgezeichneten Höhepunkte der Stadt, "Die zehn Klassiker", "An denen kein Weg vorbeiführt" - mit dem Hinweis ausgestattet ist - sich "Das Typische, die Brügger Kanäle, Rozenhoedkaal" anzusehen.
Brügge ist nicht wegen seiner schönen Aussichten, seiner Kanäle Weltkulturerbe geworden, sondern die "Altstadt von Brügge" hat die Auszeichnung bekommen und wird bei den 10 Highlights nicht erwähnt.
Die schrille Werbung für Brügge dämpft die Freude an der mittelalterlichen, schönen Stadt Brügge.
Der Spaziergang fern ab vom Zentrum und die Stille im Beginenhof hat uns versöhnt. In der Abgeschiedenheit zeigt sich Brügge in seiner ganzen mittelalterlichen Schönheit, 600 Jahre Geschichte begleiten uns. In der Abendsonne erscheint der Beginenhof in einem mystischen Flair. Hier gibt es Armbänder, kleine Kreuze aus Olivenholz, eine Makramee Handarbeit, eins davon gehört jetzt mir.
Wir waren einfach durchdrungen von dem Flair und der Schönheit Gents.
Die von uns gemachten Fotos in Brügge sind dennoch allesamt stimmungsvoll.
Um 9 Uhr früh verlassen wir Brügge. Die Entscheidung für einen Winterhafen steht auf dem Programm, Diksmuide / Flandern oder Nieuwpoort an der Nordseeküste. Telefonisch hatten wir uns im Hafen Nieuwpoort angemeldet mit der Option, in den Wintermonaten dort zu bleiben. Nach dem ersten Gespräch mit dem Hafenmeister vom Yachthafen VVW Westhoek war klar, hier gefällt es uns. Diksmuide haben wir abgesagt. Der Hafen, Lage und Ausstattung, war nicht die erste Wahl, gemessen an der Zeit, die wir dort verbringen wollten, aber ..... Diksmuide ist ein zauberhaftes Städtchen.